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Posts Tagged ‘Kräuter’

  1. Sud Nr. 75 Fermentus „Birra Napolitana“ und Sud Nr. 76 „Belgisches Dubbel“

    August 3, 2017 by Heiko

    Vaddertagsbrauen

    Zum ersten Mal bin ich formal legitimiert, Vatertag auch wirklich als Vater zu verbringen. Das lange Wochenende lädt zudem förmlich zum Brauen ein. Bereust seit fast 2 Jahren schwebt mir ein ungewöhnliches Bier vor, das die meisten wieder nur noch den Kopf schütteln lässt. Die Idee firmiert unter den Namen „Birra Napolitana“ in Anlehnung an „Pasta Napolitana“. Als brauchbare Zutaten habe ich Spaghetti, Tomaten und Basilikum auserkoren. Wie verheiratet man nun ein Bier und ein Pasta-Rezept? Naja die Lösung ist ebenso einfach wie naheliegend und ergibt sich durch die Produkte. Pasta wird aus Hartweizengrieß hergestellt. Also geschälte, geschrotete Rohweizenkörner, die mit Wasser verklebt werden. Die Nudeln sind also nur ein Stärkelieferant wie das Malz, nur ohne enthaltene Enzyme. Tomaten bestehen zu 95% aus Wasser. Zu einem höheren Anteil schafft es da nur die Salatgurke. Also Wasser mit ein „bisschen“ Geschmack. Das heißt die Tomaten kommen einfach püriert dazu. Letztendlich dann noch der Basilikum.

    Kräuter in Bieren haben grundsätzlich eine lange Tradition. Auch nachdem Hopfen als die Pflanze der Wahl auserkoren wurde, gibt es weiter Kräuter- und Gewürzbiere. Zudem wird Basilikum auch in anderen vermeintlich artfremden Produkten wie Smoothies, Speiseeis oder Bonbons eingesetzt. Insofern alles halb so wild, wie es auf den ersten Blick klingt. Das Basilikum kommt also in die kochende Würze und das zu einem späten Zeitpunkt, damit die ätherischen Öle nicht durch den Kochprozess ausgetrieben werden, sondern eher ziehen wie ein Teebeutel im heißen Wasser.

    Auf Basis eines normalen Pale Ales kam dann dieses Rezept zustande:

    Rezept „Fermentus Birra Napolitana“ (Gewürz-, Kräuter- und Gemüsebier)
    Bier mit Tomaten, Pasta und Basilikum

    Ausschlagmenge: 9l
    Stammwürze: 13.4°P
    Alkohol: 5.5%vol
    Bittere: 32IBU
    Farbe: 12EBC

    Schüttung:
    2000g Pale Ale Malz
    450g Spaghetti
    150g Karamellmalz Rot

    Extrazutaten:
    400g Tomaten

    Wasser:
    Hauptguss: 11.5l
    Nachguss: 1.5l

    Maische:
    2600g Schüttung Einmaischen in 11.5 Liter Wasser mit 57°C. 45 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 67°C. 120 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 78°C. 0 Minuten Rast.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    8g Mistral Pellets 5.4%α zur Vorderwürze, 80min Kochen
    10g Mistral Pellets 5.4%α 15min Kochen
    15g Mistral Pellets 5.4%α 5min Kochen

    Hefe:
    Danstar Nottingham Ale, Gärung bei 20°C

    Kommentar:
    Nudel sehr weich kochen und zerdrücken, zum Einmaischen samt wasser dazu geben.
    400g aromatische Tomaten waschen und, pürieren und mit Einmaischen.
    Blätter des Basilikum Bundes abtrennen, gründlich waschen grob zerreisen hacken.
    In Hopfennetz zum Flameout in die Würze geben für die Nachismomerisierung.

    Und so sah das dann zunächst aus …

    Vorgesehen hatte ich die Umsetzung im Speidel Braumeister. Leider hat sich die Befürchtung bestätigt, dass die verkochten und pürierten Nudeln die Maische in eine klebrige Puddingmasse verwandelt und das Malzrohr verstopft haben wie ein Klohäuschen nach einer Woche Oktoberfest. Also „try … and error“. Als Plan B musste dann die manuelle Methode zum Einsatz kommen. D.h. Kochtopf, Induktionsplatte und rühren, rühren, rühren. Es hat einen Moment gedauert, bis die Enzyme aus dem Malz die Stärke aus den gekochten Spaghetti aufgespalten haben, aber letztendlich war die Maische dann doch jodneutral. Ab dann ist es bis auf die Basilikumzugabe eigentlich eher ein Standardprozess gewesen. Ein bisschen kochen, ein bisschen auf die Uhr schauen und ein bisschen Hopfen in die kochende Würze geben.

    Ein chinesisches Sprichwort sagt: „Der Mann, der den Berg abtrug, war derselbe, der damit angefangen hatte, kleine Steine wegzutragen.“ Dieses Sprichwort muss Marco verinnerlicht haben, als er zum Ende des Kochens das Basilikumsäckchen mit der Geduld eines Zen Buddhisten 15 Minuten gleichmäßig lang auf und ab bewegte.

    Sollte das Bier großartig werden, dann ist dies sicherlich ausschließlich und zweifelsfrei diesem nie vorher da gewesenen Beispiel an Geduld und Akribie zu verdanken.

    Ach ja war noch was? Oh ja stimmt. Ein Belgisches Dubbel, das parallel zum „Birra Napolitana“ im großen Kessel gebraut wurde und mit dessen Spektakularitätsfaktor leider nicht mithalten konnte. Lecker wird’s bestimmt trotzdem.

    Rezept „Fermentus Dubbel“ (Belgisches Dubbel)

    Ausschlagmenge: 40l
    Stammwürze: 14.6°P
    Alkohol: 6.7%vol
    Bittere: 24IBU
    Farbe: 29EBC

    Schüttung:
    3000g Pale Ale Malz
    2000g Weizenmalz hell
    1500g Wiener Malz
    1000g Klostermalz
    500g Rohrzucker, braun
    500g Pilsner Malz
    300g Karamellmalz Amber
    100g Karamellmalz Belgisch
    40g Black Malt

    Zusätze:
    25g Koriander (10min Kochen)

    Wasser:
    Hauptguss: 35.4l
    Nachguss: 18.7l

    Maische:
    8940g Schüttung Einmaischen in 35.4 Liter Wasser mit 64°C ergibt 63°C. 40 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 72°C. 20 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 78°C. 0 Minuten Rast.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    15g Herkules Pellets 17%α zur Vorderwürze, 90min Kochen (14 IBU, 58%)
    25g Styrian Goldings Pellets 3.6%α 5min Kochen (3 IBU, 13%)
    80g Hallertauer Mittelfrüher Pellets 3.2%α 5min Kochen (7 IBU, 29%)

    Hefe:
    Craft Series M31 Belgian Tripel, Gärung bei 23°C

     


  2. Sud Nr. 65 „Needlejuice“ Pale Ale und Sud Nr. 66 „Cascadian Meadow“ Pale Ale

    Oktober 3, 2016 by Heiko

    Am 25. und 26.11. findet in Mainz die 2. Craftbeermesse statt. Auch dieses Jahr wird es wieder einen Hobbybrauerwettbewerb geben. Nachdem ich im Vorjahr gemäß der Vorgabe „Dunkles Winterbier“ mein Charming Chocolate Lager eingereicht habe, lautet das diesjährige Motto „Pale Ale Plus“. Das Plus steht für eine Extrazutat wie Früchte oder Gewürze. Da ich aktuell kein Interesse an Experimenten mit Früchten habe, sollte es eher in die würzige Richtung gehen. Zutaten wie Koriander, Rosmarin, Zitronengras, Ingwer, etc. sind beim Brauen mit Gewürzen nichts allzu besonders mehr. Nach wie vor z.T. exotisch für den Standard Biertrinkergaumen, aber nicht wirklich ungewöhnlich. Um im Zweifelsfall aus zwei Bieren wählen zu können habe ich mich für ein Basis Pale Ale Rezept entschieden, um diese Würze dann zu teilen und zu zwei Bieren auszubauen. Das Basisrezept zum Herstellen von 20 Liter Bierwürze sieht wie folgt aus

    Schüttung:
    2200g Wiener Malz (46%)
    2200g Maris Otter Malt (46%)
    180g Karamellmalz Pils (4%)
    120g Rauchmalz (3%)
    100g Karamellmalz Belgisch (2%)

    Maische:
    4800g Schüttung Einmaischen in 22 Liter Wasser mit 57°C.
    Aufheizen auf 67°C. 70 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 78°C.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Die Würze habe ich dann in zwei Teilsude geteilt. Für die erste Hälfte habe ich mir überlegt, ein Bier mit Fichtenspitzen zu brauen, das das traumhafte Aroma eines sommerlichen Nadelwaldes verströmt. Es soll dann natürlich nicht schmecken wie eine Rheumasalbe oder ein Saunaaufguss, sondern dezent würzig und harzig. Zur Komposition des Gesamtgeschmacks habe ich mich für zwei Hopfensorten entschieden, die für Ihre harzigen Töne nach Kiefer und Pinie bekannt sind, nämlich Chinook und Simcoe. In der Summe mit 37 Bittereinheiten und knapp 14°Plato Stammwürze (=knapp 6° Alkohol) kann ich mir das gut vorstellen.

    Getrockene Fichtenspitzen (Knospen und Nadeln)

    Für die zweite Hälfte der Würze habe ich mich für Heublumen Aroma entschieden. Das Bier soll dezent nach einer spätsommerlichen Almwiese duften und darüber hinaus frische, blumige Zitrusnoten haben. Letzteres soll durch Cascade Hopfen entstehen. Cascade war einer der ersten „Hype-Hopfensorten“  als vor ca. 3 Jahren die Craftbeerwelle gestartet ist. Beinahe jeder hatte ein Pale Ale oder IPA mit Cascade am Start. Auch in Weizebieren und allerlei anderen Stilen fand man diese Hopfensorte. Wie es mit Trends so ist, kamen dann schnell nacheinander andere Sorten wie Amarillo, Citra, Centennial, Comet, Nelson Sauvin, etc. Ich finde das Cascade Aroma nach wie vor klasse und habe mich für ein persönliches Revival entschieden. Für das Heuraroma habe ich mich gegen das Sammeln von Heu auf den Wiesen in meiner Region entschieden. Bei uns wird sehr intensive Landwirtschaft betrieben und da ist die Jauche des Bauern von nebenan vermutlich noch das kleinste Problem. Ich habe mich daher für Bio Heublumen aus einem Onlineshop entschieden.

    Getrocknete Heublumen

    In beiden Fällen habe ich die Zutaten zum Ende des Hopfenkochens in die Sudpfanne gegeben und während der Nachisomerisierungszeit ca. 15 Minuten in der Würze ziehen lassen und dann abgeseiht.

    Das Aroma des Fichtensuds war zunächst kräftig, aber nicht unangenehm … wenn man den Geruch von Fichtenwäldern mag natürlich. Das Heu war im Sudkessel deutlich zu riechen, aber in der abgekühlten Würze eher unauffällig. Ich bin gespannt, ob die Biere ggf. in den Ausguss müssen. Spannend finde ich das was mich erwartet allemal.

    UPDATE vom 17.12.2016

    Tja, was soll ich sagen … es ist eingetreten womit ich niemals gerechnet hätte. Das Fichten Pale Ale hat sich gegen knapp 40 andere Hobbybrauerbier durchgesetzt und den Wettbewerb in Mainz gewonnen!

    Hier die Rückmeldung vom Veranstalter:

    Hallo Heiko,

    herzlichen Glückwunsch, du hast den Mainzer Hobbybrauerwettbewerb gewonnen.

    Dein Needlejuice hat die komplette Jury überzeugt.
    Ein wirklich gelungenes, kreatives und ausgewogenes Bier mit tollem Aroma. Der deutliche Fichtengeruch harmoniert sehr gut mit den leichten Zitrusfrucht- und Ananasaromen. Der schlanke Körper, die spritzige Rezenz und die leichte Bittere sind hervorragend ausbalanciert.
    Wir waren wirklich alle begeistert von deinem Bier. Wir prüfen momentan noch die Möglichkeit, es für die nächste CraftBeerMesse brauen zu lassen. Sobald sich etwas konkretes ergibt, würde ich auf dich zukommen. Bis dahin viel Spaß mit deinem EasyDens von Anton Paar. Müsste bis spätestens Mittwoch bei dir eintreffen.

    Noch mal Gratulation zu deinem wirklich tollen Bier

    Die Meldung bei Facebook dazu gibt hier.

    Tja, was soll ich sagen. Ich bin mega happy und freue mich über den Sieg und über das Easy Dens Messgerät von Anton Paar, das gleich beim nächsten Sud zum Einsatz kommen wird.