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  1. Sud Nr. 64 – Fermentus Dunkles Weißbier

    September 25, 2016 by Heiko

    Nach einigen Experimenten und Bieren mit zusätzlichen Zutaten stand an diesem Wochenende ein Klassiker auf dem Plan: Ein dunkles Hefeweizen. Ich sage bewusst Klassiker und verwende nicht den Begriff „Reinheitsgebot“, den genau nach diesem sind Weizenbiere eigentlich per Definition nicht gebraut. Der bayerische Brauerbund sieht das natürlich etwas anders. Gerste, Hopfen und Wasser stehen im RHG von 1516 und von Weizen ist da erstmal nicht die Rede. Die Geschichte, dass man seinerzeit den wertvollen Weizen vor dem Braukessel schützen wollte, um genug davon zum Brotbacken zu haben sei mal nur am Rande erwähnt. Die Bayern sehen dies wie bereits gesagt ein wenig anders.

    Der bayerische Brauerbund wäre ja nicht der bayerische Brauerbund, wenn man sich nicht Welt so biegen würde, wie es ins Konzept passt. Sie schreiben …

    Beim Reinheitsgebot handelt es sich also eher um ein Verbot, was nicht ins Bier hinein darf, als um eine Verpflichtung, was hinein muss. Da die Verwendung von Weizen jetzt schon seit über 450 Jahren als im Einklang mit dem Bayerischen Reinheitsgebot von 1516 gesehen wird, darf man wohl von einer traditionellen Anerkennung sprechen.

    Wie sollte Weizenbier auch nicht dem Sinn des Reinheitsgebotes von 1516 entsprechen, wenn Herzog Wilhelm IV. erst gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig X. dieses „Reinheitsgebot“ erlässt und einige Jahre später selbst und ausschließlich den Degenbergern die Weißbierproduktion ausdrücklich gestattet?

    Quelle: http://www.bayrisch-bier.de/bier-wissen/geschichte-des-weisbieres

    Unabhängig davon wie sensationell ich den Begriff der „traditionellen Anerkennung“ finde („Des moch ma hoit einfoch so lang, bis des a Tradition is.“) ist das wieder mal typisch. An den Stellen, an denen es die eigene Vorgehensweise legitimiert interpretiert man es so wie es einem gerade in die Folklore passt und anderer Stelle nutzt man das Reinheitsgebot als Totschlagkriterium. Jo Himmel Herrgott Sakra!

    Hmmm, aber ist genau das nicht das exegetische Urpoblem, also das der Auslegung von (auch gerne mal heiligen) Schriften? Zu interpretieren, was genau „im Sinne“ des Verfassers ist und dies dann als Dogma festzulegen ist schon höchst fragwürdig. Ein sehr aktuelles Thema. Okay es ist eher unwahrscheinlich, dass sich der Huber Johann (64 Jahre, Weißbierbrauer) morgen mit einer C4-Lederhose bestückt auf einem Craftbeerfestival in die Luft sprengt, weil dort ein Belgisches Witbier ausgeschenkt wird und dies sicherlich nicht im „Sinne“ von Herzog Wilhelm IV sein kann. Aber „Bier“ dürfte man bei diesem „obergärigen Biermischgetränk“ (jaja, so müsste das dann heißen) trotzdem nicht auf die Flasche schreiben, geschweige denn es als selbiges in Umlauf bringen. Eine verrückte weiß-blaue Welt ist das manchmal.

    Aber sei’s drum. Im Mittelpunkt stand heute ohnehin nicht die Diskussion ums Reinheitsgebot, sondern das leckere dunkle Weißbier, das ich mit meinem Schwiegerpapa als Geburtstagsgeschenk eingebraut habe. Um den Ablauf eines Brautages, Die Arbeitsschritte und die Funktionsweise einer (Hobby)Brauanlage kennenzulernen, blieb der Speidel Braumeister im Keller und meine manuelle Anlage kam mal wieder zum Einsatz. Das heißt Schroten, Heizen, Rühren, Schöpfen, Schütten, Läutern, … alles per Hand, um möglichst viel vom gesamten Prozess kennen lernen zu können.

    Zum Frühstück gab‘s traditionell Weißwurst, Brez’n und Weißbier. Und stilecht haben wir die Weißwürste in der Maische gegart. Keine Angst, die haben wir natürlich nicht direkt in den Maischekessel geworfen, sondern vakuumiert, quasi „Weißwurst sous vide“.

    weisswurst

    Der Brautag hat wirklich viel Spaß gemacht und erst nach der Endreinigung hat es dann angefangen zu regnen. Gambrinus war uns wohlgesonnen und alleine deswegen muss es ein prima Bier werden.

    Da die Wahl der Hefe in meinen Augen der wichtigste Aspekt beim Kreieren eines guten Weißbieres ist, habe ich mich entschieden die Hefe der zurecht sehr beliebten Brauerei Schneider zu nutzen. Dazu muss man als Hobbybrauer nicht viele hundert Kilometer bis in bayerische Kehlheim fahren, sondern nur in den gut sortieren Getränkemarkt um die Ecke. Die Brauerei Schneider nutzt nämlich auch zur Flaschengärung ihre Weißbierhefe und pasteurisiert die Flaschen zudem nicht. Das heißt in jungen Schneiderflaschen ist vitale Hefe im Bodensatz der Flasche enthalten und kann mit ein wenig Geschick zum Vergären eines eigenen Weißbieres eingesetzt werden. „Hefe strippen“ nennt das der Hobbybrauer und macht regen Gebrauch davon. Ich konnte Flaschen auftreiben, die nur 4 Wochen seit der Abfüllung lagerten und daraus die Hefe gewinnen. Die Bodenätze von insgesamt fünf Flaschen habe ich dann einige Tage mit einer Würze aus Trockenmalzextrakt angefüttert. Die hat dann letztendlich so heftig losgelegt, dass es seit langem mal wieder die Hochkräusen durch den Gärspund gedrückt hat.

    schneider_hefe

    Aktive kleine Bastards diese „Schneidersens“.

    Hier das Rezept:

    Ausschlagmenge: 20l
    Stammwürze: 12.5°P
    Alkohol: 5%vol
    Bittere: 11IBU
    Farbe: 40EBC

    Schüttung:
    2000g Weizenmalz dunkel (46%)
    2000g Münchner Malz Typ II (46%)
    300g Melanoidinmalz (7%)
    30g Röstmalz Spezial Typ II (1%)

    Zusätze:

    Wasser:
    Hauptguss: 16l
    Nachguss: 8.9l

    Maische:
    4330g Schüttung Einmaischen in 16 Liter Wasser mit 54°C. 10 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 62°C. 35 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 72°C. 30 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 78°C. 0 Minuten Rast.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    15g Tettnanger Pellets 4%α 70min Kochen
    10g Tettnanger Pellets 4%α 20min Kochen

    Hefe:
    Schneider Weisse, Gärung bei 21°C

     


  2. Sud Nr. 63 – Transatlantic White IPA

    August 28, 2016 by Heiko

    Nach dem Brautag des Witbiers am letzten Wochenende konnte ich das Jungbier bereits diese Woche abfüllen, da die Hefe wie ein Panzer durch die Würze planiert ist. Bereits nach 24 Stunden war Ruhe im Gärröhrchen und bereits nach 2 Tagen war scheinbar der Endvergärungsgrad erreicht. Der Restextrakt änderte sich für weitere 5 Tage nicht mehr.

    Da es sehr schade gewesen wäre, die vitale Hefe zu verwerfen und ich ohnehin schon länger ein White IPA brauen wollte, habe ich beschlossen, dies  kurzerhand zu tun. Ein White IPA ist ein Hybrid aus einen belgischen Witbier und einem amerikanischen India Pale Ale (IPA).

    Hier sind zwei gute (englischsprachige) Artikel zum Stil „White IPA“:

     

    Nachdem der letzte Brautag noch bei Nieselregen im überdachten Kellerabgang stattfinden musste, war das Wetter dieses Mal perfekt für ein Sommerbrautag.

    summ

    Während der Speidel Braumeister durch die Rasten manövrierte, hab ich mich in den aufblasbaren Pool gelegt. Ich hatte schon „anstrengendere“ Brautage muss ich sagen.

    Auch dieses Mal habe ich Weizenrohfrucht verwendet, nur wesentlich feiner gemahlen, um die Ausbeute zu verbessern. Das rohe getrocknete Weizenkorn ist wirklich steinhart. Daher habe ich die elektrische Getreidemühle mit dem Steinmahlwerk verwendet, um die Körner relativ fein zu zerkleinern. Auch die wit-typischen Gewürze waren wieder am Start, dieses Mal ergänzt durch eine Prise Anis und Fenchel.

    zut

    Neben der höheren Stammwürze ist vor Allem der großzügige Hopfeneinsatz der maßgebliche Unterschied (im Vergleich zum Witbier) bei diesem Bierstil, wie man aus der folgenden Gegenüberstellung entnehmen kann.

    Hier nochmal zum Vergleich:

    Wit White IPA
    Stammwürze  ca. 11-15°Plato  ca. 14-17°Plato
    Alkohol  ca. 5-7% vol.  ca. 5,5-7,5% vol.
    Bitterkeit  <= 10 IBU  ca. 40-70 IBU
    Farbe  4-6 EBC  8-14 EBC

     

    Quelle: http://www.bjcp.org/docs/2015_Guidelines_Beer.pdf

    Hier das Rezept:

    Rezept „Fermentus White IPA“

    Ausschlagmenge: 15l
    Stammwürze: 16.6°P
    Alkohol: 6.7%vol
    Bittere: 50IBU
    Farbe: 9EBC

    Schüttung:
    1800g Pilsner Malz (36%)
    1400g Pale Ale Malz (28%)
    600g Weizenflocken (12%)
    500g Reisflocken (10%)
    400g Karamellmalz Pils (8%)
    150g Sauermalz (3%)
    150g Haushaltszucker (3%)

    Zusätze:
    9g Orangenschale (10min Kochen)
    6g Koriander (5min Kochen)
    1,5g Fenchel (5min Kochen)
    1,5g Anis (5min Kochen)

    Wasser:
    Hauptguss: 20l
    Nachguss: 1.5l

    Maische:
    5000g Schüttung Einmaischen in 20 Liter Wasser mit 51°C ergibt 50°C. 10 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 55°C. 20 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 67°C. 80 Minuten Rast.
    Abmaischen bei 78°C wenn Jodnormal

    Hopfen:
    5g Columbus Pellets 15.5%α zur Vorderwürze, 90min Kochen
    5g Chinook Pellets 12.9%α 30min Kochen
    5g Falconers Flight Pellets 9.1%α 30min Kochen
    5g Yellow Sub Pellets 6%α 30min Kochen
    8g Falconers Flight Pellets 9.1%α 10min Kochen
    10g Chinook Pellets 12.9%α 10min Kochen
    8g Yellow Sub Pellets 6%α 10min Kochen
    30g Yellow Sub Pellets 6%α 6 Tage Stopfen
    30g Falconers Flight Pellets 9.1%α 6 Tage Stopfen
    30g Chinook Pellets 12.9%α 6 Tage Stopfen

    Hefe:
    Craft Series M21 Belgian Wit, Gärung bei 22°C


  3. Sud Nr. 62 – „Thekla Wit“

    August 21, 2016 by Heiko

    Seit Monaten, ja Jahren, schiebe ich immer und immer wieder meinen Plan nach hinten, endlich mal ein Original Belgisches Witbier zu brauen. Nach 2monatiger Brauabstinenz und mit viel Kribbeln in den Fingern habe ich am Sonntag endlich den Braumeister „entstaubt“ und mich motiviert ans Werk gemacht. Die Vorfreude wurde durch das Wetter ein wenig getrübt und der Gartenbrautag musste zu einem Kellertreppenbrautag umgeplant werden. Die ganze Woche waren es 28°C und auch die kommende Woche soll’s hochsommerlich werden, aber ausgerechnet Samstag und Sonntag war leider mehr als bescheiden. Aber das konnte meine Vorfreude nicht trüben.

    Wat? Wit?

    Ein Witbier ist ein belgischer Weizenbierstil, der sich insbesondere durch seine helle strohgelbe Farbe und den dezenten Einsatz von Koriander und Orangenschalen kennzeichnet.

    organgenschalen

    Sieht zwar aus wie trockene Brotkrümel, sind aber getrocknete Orangenschalen.

    koriander

    Geröstete und zerstoßene indische Koriandersamen … duften herrlich.

    Die eindimsionalen Reinheitsgebotfanatiker schalten jetzt bitte ab und die Bierenthusiasten dürfen weiterlesen.

    Rohfrucht und Enzyme

    In einem Witbier kommt neben klassischen Braumalzen anteilig auch „Weizenrohfrucht“ zum Einsatz. Dabei handelt es sich ganz schlicht um unvermälztes Getreide. Im rohen Korn sind keine aktiven Enzyme enthalten. Diese sind für den Brauprozess allerdings von essentieller Bedeutung und werden erst durch das Mälzen im Korn gebildet. Maßgeblich sind hier die Alpha- und Beta-Amylase, die die Stärke (also ein Polysaccharid = Mehrfachzucker) im Korn zu kurzkettigen Zuckermolekülen aufspalten. Unter diesen Enyzymen sind zudem Proteasen zum Aufspalten von Eiweißverbindungen, Cellulasen zum Abbau von Cellulose und noch einige andere. D.h. eine Maische aus 100% Rohgetreide würde nie zu einer süßen Bierwürze werden. Bei diesem Rezept ist dies natürlich nicht der Fall, da die Enzyme im ebenfalls verwendeten Gerstenmalz in der Lage sind, die Stärke aus dem unvermälzten Weizenkorn mit zu verstoffwechseln, so dass auch hier am Ende eine Bierwürze steht, in der keine Stärke mehr (mit Hobbybrauerhilfsmitteln) nachgewiesen werden kann.

    Aber warum macht man das überhaupt? Nun, unvermälzter Weizen ist sehr hell und die Geschmacksintensität eher gering. Dadurch entstehen helle, schlanke Biere. Die schlanke Grundstruktur des Bieres schafft Entfaltungsspielräume für die Aromen, die durch den Einsatz der Gewürze und der eingesetzten belgischen Hefe ins Spiel kommen. Zudem erzeugen die Eiweißverbindungen im rohen Korn einen schönen stabilen Schaum und geben dem Bier Textur.
    Und nur um dem vorzubeugen: Ein Wit schmeckt nicht wie ein Kräutersud, der wie Omma’s Fußsalbe müffelt. Die Gewürze erzeugen ein frisches Zitrusaroma (ja, auch der Koriander) und das Bier bekommt eine hohe „Drinkability“, wie man schön im Neuhochdeutschen sagen würde.

    Kommerzielle Vertreter

    Wer mal ein kommerzielles Witbier probieren möchte, findet im gut sortieren Handel gerne man diese Version der belgischen Brauerei von Hoegaarden. Das findet man inzwischen nicht selten im Getränkemarkt um die Ecke. Oder auch das „Witte“ von La Trappe gibt’s gerne mal bei Edeka oder REWE im Bierregal, wobei es bessere Vertreter gibt – finde ich zumindest. Auch die Köstritzer Brauerei hatte in seinen Editionsbieren mal ein Wit am Start. Ebenfalls ganz okay, aber mir nicht authentisch genug. Oder er oder sie kommt einfach in 6 Wochen bei mir vorbei und probiert mal meine Version.

    Das Brauen an sich war recht entspannt, aber die Sudhausbeute war sehr sehr schlecht. Mit 60% Ausbeute hatte ich geplant, die in 10 Liter mit 12,6° Plato resultieren sollten. Letztendlich waren das dann nur knapp 9 Liter und nur 54% Ausbeute. Ich denke der hohe Rohfruchtanteil und die mangelnde Erfahrung damit waren die Ursache dafür.

    Und ja … der Biername?

    Der ist meine persönliche, nicht ganz ernst gemeinte Hommage an Thekla Carola Wied Wit. Nicht weil ich „Ich heirate eine Familie“ so geil fand, sondern eher weil ich dem schlechten Wortspiel nicht widerstehen konnte.

    Hier mein Rezept:

    Rezept „Fermentus Thekla Wit“

    Ausschlagmenge: 10l
    Stammwürze: 12.6°P
    Alkohol: 5.1%vol
    Bittere: 17IBU
    Farbe: 7EBC

    Schüttung:
    1200g Pilsner Malz (52%)
    900g Weizenflocken (39%)
    100g Karamellmalz Pils (4%)
    100g Sauermalz (4%)

    Zusätze:
    6g Orangenschale (10min Kochen)
    4g Koriander (5min Kochen)

    Wasser:
    Hauptguss: 12l
    Nachguss: 3l

    Maische:
    2300g Schüttung Einmaischen in 12 Liter Wasser mit 51°C ergibt 50°C. 10 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 55°C. 20 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 62°C. 35 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 72°C. 25 Minuten Rast.
    Abmaischen bei 78°C  wenn Jodnormal

    Hopfen:
    3g Herkules Pellets 17.3%α 70min Kochen
    5g Tettnanger Pellets 4.1%α 10min Kochen

    Hefe:
    Craft Series M21 Belgian Wit, Gärung bei 22°C

    Inspiriert durch: http://www.maischemalzundmehr.de/index.php?id=178&inhaltmitte=recipe


  4. Sud Nr. 61 – „Magnificent Seven Robust Porter“ III

    Juni 20, 2016 by Heiko

    Das Magnifizent 7 Robust Porter ist eines meiner leckersten Biere wie ich finde und kam bisher bei allen Verkostern wirklich ausnahmslos gut an. Bei meinem Biertasting 2015 hatte es den ersten Platz im Teilnehmervoting belegt und auch Kreativbrauer und 2013 Biersommelier Weltmeister Oli Wesseloh hat mir im letzten Dezember ein Lob dafür ausgesprochen. (Worauf ich im Übrigen immer noch sehr stolz bin.). Daher habe ich beschlossen Sud Nr. 3 des Porter aufzulegen und das Bier im September beim Camba Bavaria Bierfestival in Gundelfingen zum Wettbewerb einzureichen.

    Dazu habe ich am Samstag meinen optisch wundervollen Braumeister im optisch wenig wundervollen, aber überdachten Kellerabgang aufgebaut.

    braumeister_tisch

    Meine Abluftanlage im Braukeller ist noch nicht fertig und da es immer wieder in Strömen regnete, wollte ich nicht im Garten brauen. Aber das ist ja ohnehin zweitrangig. Viel entscheidender sind nämlich die „Magnificent Seven“, die da wären:

     

    mag_7_malze

    Normalerweise kommt da britisches Marris Otter Pale Ale Malz rein, aber das hatte ich leider nicht auf Lager. Daher habe ich deutsches Weyermann Pale Ale Malz aus Bamberg als Ersatz verwendet. in dem kräftigen und intensiven Porter wird man das vermutlich sowieso nicht unterscheiden können.

    Dies ist inzwischen der vierte Sud in meinem Speidel Braumeister und eine gute Gelegenheit kurz auf die Funktionsweise des Geräts einzugehen. Der Braumeister ist im Gegensatz zu vielen rührwerkbasierten Hobbybraueranlagen eine sogenannte Malzrohranlage. D.h. es handelt sich im wesentlich um zwei ineinander verschachtelte Edelstahl Zylinder durch die mit Hilfe einer Pumpe Flüssigkeit zirkuliert und dabei Stärke aus dem Malzschrot heraus wäscht.

    Schematisch muss man sich das so vorstellen.

    1-5

    Bild 1:
    Der äußere Zylinder Symbolisiert den Speidel Braumeister Kessel.

    Bild 2:
    Das inner Zylinder (das Malzrohr) hat einen geringeren Durchmesser als der Kessel und wird mittig innerhalb des Braumeisters positioniert. Die beiden blauen Kreise symbolisieren ein Ansaugloch (außerhalb des Malzrohrs)  und eine Auslassloch (innerhalb des Malzrohrs) im Kesselboden. Zu diesem Zeitpunkt ist die integrierte Pumpe nicht im Betrieb.

    Bild 3:
    In den unteren Teil des Malzrohrs wird ein Lochblech eingelegt. Zusätzlich gibt es noch ein Feinsieb, das in der Abbildung aber nicht explizit dargestellt wird. Das Blech und das Sieb verhindern, dass Malzschrot nach unten austritt.

    Bild 4:
    In das Malzrohr wird nun das Hauptgusswasser eingefüllt.

    Bild 5:
    In das Hauptgusswasser (das durch die in den Braumeister integrierte Heizung auf Einmaischtemperatur gebracht wurde) wird das Malzschrot gegeben.

    6-10

    Bild 6:
    Malzschrot und Wasser werden zur Maische durchmischt.

    Bild 7:
    Auf die Oberfläche der Maische wird das zweite Lochblech (und das zweite Feinsieb) gelegt und durch eine Arretierstange mit einer Flügelmutter fixiert. Dies ist in der Abbildung nicht explizit dargestellt.

    Bild 8:
    Nun wird die Pumpe in Betrieb genommen und beginnt die Flüssigkeit ausserhalb des Malzrohrs anzusaugen und durch den Auslass innerhlab des Malzrohrs hochzupumpen.

    Bild 9:
    Durch den Pumpendruck steigt das untere Blech nach oben und verdichtet mit sanftem Druck die Maische.

    Bild 10:
    Durch die Zirkulationsströmung wird das Wasser bzw. die Würze durch den Maischekuchen gepumpt und wäscht dadurch sukzessiv die Stärke aus dem Korn. Gleichzeitig arbeiten die Enzyme und spalten die Stärke in Maltose und andere Zuckerarten auf. Die Würze entsteht. Die Würze schwappt über den Rand des Malzrohrs in den Kessel und wird erneut durch das Malz gepumpt.

    Im „Bewegtbild“ sehen Schritt 8 und 10 dann so aus:

     

    Nach dem Ende des Maischens wird dann das Malzrohr aus dem Kessel gehoben und oberhalb des Kesselrands zum Abtropfen eingehängt. Die Nachgüsse können aufgebracht werden und der sonst sehr langwierige Läuterprozess wird erheblich verkürzt. Das Hopfenkochen kann dann sofort im gleichen Kessel beginnen. Ein sehr feines Prinzip.

    Das Brauen an sich verlief problemlos.

    spindeln

    Vor dem Hopfenkochen (links) hatte ich 14,3 % Stammwürze. Nach dem Hopfenkochen (rechts) waren es 15,7° Plato. 15,5° Plato hatte ich angestrebt, also alles im grünen Bereich. Die Würze hatte bereits vor dem Anstellen eine wunderschöne tief schwarze Farbe und einen tollen rästigen und schokoladigen Geruch. Ich freu mich auch dieses Mal wieder sehr auf das Ergebnis.


  5. Sud Nr. 60 – M2 Pale Ale

    Juni 15, 2016 by Heiko

    Ich habe die zeitlich ausgedehnten Brautage zwar immer genossen, aber man musste (vor Allem bei aufwendigen Rezepten) immer zeitig anfangen, um nicht zur Tagesschau noch am Kessel zu stehen oder nicht zumindest noch am Schrubben zu sein. Seit der Speidel Braumeister im Spiel ist, kann man ein Rezept auch gerne an einem bereits angebrochenen Nachmittag durchziehen. Je einfacher das Rezept, desto schneller. Da es am Sonntag fast den ganzen Tag in Ströhöömen geregnet hat, habe ich um 13.00 Uhr kurzerhand beschlossen ein kleines aber (hoffentlich) feines Pale Ale dazwischen zu schieben. Schließlich wartete ja auch noch das verkürzte Malzrohr auf seine erste Bewährungsprobe. „Verkürztes Malzrohr“ bedeutet, dass man im 20 Liter Braumeister auch 10 Liter Sude brauen kann und als „Belohnung“ einen schnuckeligen und handlichen Kasten als Ausschlagmenge hat.

    Hier ist der Unterschied zwischen den beiden Modellen zu sehen. In das kleine Malzrohr passt schlichtweg die Hälfte der Menge an Malz und Wasser und raus kommt die Hälfte der Menge an Bier. Wenn doch nur alle Sachen im Leben so linear und kausal wären.

    Malzrohre

    Das kleine Malzrohr sitzt dann tiefer im Braumeisterkessel und der Füllstand ist wesentlich geringer.

    Aufsicht

    Klingt erstmal unspektakulär, isses auch. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem der menschliche Faktor ins Spiel kommt. Statistiken belegen, dass je nach Branche (Luftfahrt, Medizin, etc.) zwischen 80 und 90% der Unglücke durch menschliches Fehlverhalten ausgelöst werden. Okay durch Fehler am Sudkessel fällt jetzt keine 747 vom Himmel und man findet auch keine Gefäßklemme nach 3 Monaten im Unterleib, aber blöd kann‘s im Kleinen dennoch werden.

    Mein konkretes menschliches Versagen bestand darin, dass ich das Malz in den Kessel gekippt habe ohne vorher den Filterboden einzulegen. Das muss man sich so vorstellen, wie wenn man das Kaffeepulver in die gute alte Filtermaschine kippt, ohne vorher einen Kaffeefilter rein getan zu haben. Nach dem „Oh Shit“ Moment und der steigenden Pulsfrequenz folgte das mühselige und ungeplante Saubermachen. Statt einem Löffel Kaffeepulver waren es 2,1 kg Malz und das Wasser war auch schon im Kessel drin und rund 65° heiß. Also die ganze Sch**** aufwendig in Eimer gekippt, grummelnd den Braumeister sauber gemacht um den zweiten Versuch starten zu können. Inzwischen war dann das geschrotete Malz im Wasser gequollen und die ganze Pampe hat sich wie Haferschleim umfüllen lassen.

    Ab dann wurde es wieder entspannt und 3,5 Stunden später waren 9 Liter Würze mit 12,5° Plato im Gäreimer. Hmm, was weiß gar nicht, was ich hätte schreiben sollen, wenn ich das am Anfang nicht verkackt hätte. Naja Fazit ist, dass auch das 10 Liter Malzrohr einwandfrei funktioniert und man auch mal an einem fortgeschrittenen Nachmittag einen kleinen Sud einschieben kann.

    Ach ja … das Bier. Ein sommerliches Pale mit 2 Hopfensorten, die ich beide noch nicht verwendet habe. Mandarina Bavaria und Mistral. Erster wird von der Hälfte der Brauer und (Craft)Biertrinker hochgelobt und von der anderen Hälfte als enttäuschend abgestempelt. Das Mandarina IPA von Alex Himburg vom (ehemaligen) Braukunstkeller ist damit gehopft.

    Wie der Name schon vermuten lässt, ist dies ein Aromahopfen aus Bayern, der Mandarinenaromen erzeugen soll. Diesen Hopfen gibt es seit ungefähr 4-5 Jahren auf dem Markt und er stammt aus dem bayerischen Hüll in der Hallertau.

    Mistral ist eine relativ junge französische Hopfensorte. Im Vergleich zu Deutschland oder den USA ist Frankreich kein traditionelles Hopfenanbauland. Dennoch hat man scheinbar in den letzten Jahren ein paar Chardonnay Reben umgepflügt und Hopfen dafür angebaut. Seit kurzem kommen einige Aromasorten wie Aramis, Strisselspalter oder Triskel hierher. Ersten habe ich im A4 Pale Ale eingesetzt.

    Hier noch das Rezept:

    Ausschlagmenge: 9l
    Stammwürze: 12.1°P
    Alkohol: 5.1%vol
    Bittere: 30IBU
    Farbe: 11EBC

    Schüttung:
    1200g Pale Ale Malz (57%)
    400g Pilsner Malz (19%)
    200g Weizenmalz hell (10%)
    200g Münchner Malz Typ II (10%)
    100g Karamellmalz Hell (5%)

    Wasser:
    Hauptguss: 11l
    Nachguss: 1.5l

    Maische:
    2100g Schüttung Einmaischen in 11 Liter Wasser mit 63°C ergibt 62°C. 20 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 67°C. 50 Minuten Rast.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    8g Mandarina Bavaria Pellets 7.7%a zur Vorderwürze, 75min Kochen
    6g Mandarina Bavaria Pellets 7.7%a 10min Kochen
    6g Mistral Pellets 5.4%a 10min Kochen

    Hefe:
    Fermentis Safale US-05, Gärung bei 19.5°C


  6. Sud Nr. 58 „Pale Stout“ und Sud Nr. 59 „Cabeernet Saisognon“ Saison

    Juni 14, 2016 by Heiko

    Nach vielen Tests im Vorfeld wurde am 28.05. endlich das White Stout gebraut und dabei wie geplant mit Vorsatz gegen das Reinheitsgebot verstoßen. Hmm, von dem Gedanken „White“ habe ich mich nach den letzten Tests im Geiste schon verabschiedet. Wird wohl doch eher ein Amber Stout werden oder sogar noch etwas intensiver. Naja sei’s drum. Ich hab den Namen zumindest von „White“ mal auf „Pale“ Stout geändert. 😉 Wie geplant habe ich 24 Stunden vor dem Brautag das Wasser für den Hauptguss als Extrakt aus ganzen Kaffeebohnen und Kakaosplittern vorbereitet.

    01_kako_kaffee

    Das Ergebnis entsprach aromatisch den Erwartungen und wurde am Brautag als Hauptgusswasser vor dem Einmaischen in den Speidel Braumeister gefüllt.

    02_haptguss

    Okay, das sieht nun alles andere als „White“ oder „Pale“ aus. Denn das hier war in der Tat das Hauptgusswasser, ohne dass dieses bisher mit Malz in Berührung gekommen wäre. Schon sehr dunkel, aber was will man machen. Aromatisch war es auf jeden Fall schon sehr beeindruckend. Damit ging’s dann los.

    Parallel dazu war Marco mit dem kleinen Bruder meines Braumeister 20 am Start, nämlich der 10 Liter Version und ich muss sagen, nebeneinander sehen die schon sehr schick aus.

    03_bm

    In seinem Sudkessel haben wir parallel ein Saison gebraut. Ein Saison ist ein heller belgischer Bierstil. Das Bier wird mit speziellen Saison-Hefen vergoren, die sehr trockene, frische Biere mit dezent säuerlicher Note erzeugen. Ein Saison ist sehr spritzig und erfrischend und hat fruchtige bis würzige Noten. Als Hopfen haben wir uns für „Nelson Sauvin“ entschieden. „Nelson“ ist seit einiger Zeit einer der vielen Trendhopfen und aktuell in allen Shops ausverkauft. Verrückte Welt. Nelson Sauvin erzeugt Trauben und weissweinartig Aromen. Das sollte gut in ein Saison passen. Außerdem haben wir noch eine handvoll getrocknete Bitterorangenschalen dazu genommen. Das sollte sehr gut zum Stil passen.

    05_bitterorange

    Aber zurück zum „Pale Stout“. Wie in den Versuchen herausgekommen ist, haben wir 20 Minuten vor Ende des Hopfenkochens dann noch Süßholz und Vanilleschoten hinzugefügt. Hier sind die Zutaten zu sehen, die ich dann im Küchenmixer fast pulverisiert habe, um eine bestmögliche Auslaugung in der kurzen Kochzeit zu erzielen.

    04_vanille_suessholz

    Also hinsichtlich der Zutatenkosten ist die letztendlich Biermenge eine wirtschaftliche Katastrophe. Alleine für Kakao, Kaffee, Vanille und Süßholz gehen alleine deutlich über 30,- Euro drauf, ohne Malz, Hopfen und Hefe einzurechnen. Aber naja, ist ja ein Experiment und darüber hinaus ja eh „Hobby“.

    16 Liter Ausschlagmenge standen am Ende zu Buche und mit Hilfe des Eintauchkühlers von Marco hatten wir die beiden Sude binnen Minuten von knapp 100°c auf 20°C heruntergekühlt und konnten direkt mit den jeweiligen Hefen anstellen.

    06_kuehlen

    To be continued…

     


  7. Sud Nr. 57 – „Max Musterbier“ Obergäriges Helles

    Mai 16, 2016 by Heiko

    Gestern habe ich meinen neuen Braumeister 20 von Speidel eingeweiht. Zum Anlass habe ich 20 Liter schlichtes und süffiges obergäriges Helles ausgewählt, das im Juli an der Geburtstagsfeier meiner Schwiegermama ausgeschenkt werden soll. Also keine Hopfen- oder Platoorgie, keine Nischen- oder Randgruppenbiere, keine Experimente. Einfach ein sommerliches, grillfleisch- und massenkompatibles obergäriges Helles. „Max Musterbier“ eben. 😉

    Aber neben dem Bier war ja an diesem Brautag ein anderer Hauptdarsteller im Fokus. Der Premierensud auf dem Speidel Braumeister hat wirklich richtig Spaß gemacht. Angesichts der großen Ungewissheit, wie effizient die Sudhausausbeute sein wird, habe ich bei der Rezeptplanung sehr konservativ kalkuliert. Auf meine anderen Anlagen und bei normal bis mittelstarken Biere lande ich im Durchschnitt bei knapp 70%. Für den Anfang habe ich dann mal vorsichtig mit 55% für den ersten Sud im Braumeister geplant, aber auch schon mal ein paar Tipps aus dem Hobbybrauerforum zusammengesucht. Am effektivsten erschien mir dabei im Vorfeld, das Malzrohr alle 15 Minuten um 90° zu drehen.

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    Das Malzrohr im Braumeister mit eingefülltem Malzschrot.

    Dazu muss man wissen, dass das Gerät das Brauwasser bzw. die Würze zirkulierend durch ein Rohr pumpt in dem sich die verdichtete Malzsschicht befindet. Also ähnlich einer Siebträgermaschine zur Kaffeezubereitung, allerdings mit wesentlich niedrigerem Druck. Um nun die Stärkeauswaschung aus dem Malz zu verbessern, dreht man das Malzrohr gelegentlich und zwingt dadurch die Würze, andere Wege durch die Malzsschicht zu nehmen. Dies verhindert, dass sich Bereiche bilden, aus denen bis zum Ende des Maischevorgangs Stärkenester bleiben, die nicht wie geplant ausgewaschen werden.

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    Der Speidel Braumeister pumpt die Würze von unten durch das Malzrohr, bis diese überschwappt und wieder nach unten in den Kreislauf zurück fliesst.

    Nach Ende des Maischens und dem Aufbringen der Nachgüsse zeichnete sich bereits ab, dass die Ausbeute besser als die veranschlagten 55% sein würden. Das Hopfenkochen übernimmt dann wieder der Braumeister und gibt ein Signal, wenn eine Hopfengabe fällig ist. Im Endeffekt genau wie früher, nur dass ich nicht mehrere Töpfe brauche oder die Maischepfanne schrubben muss, um dann die Würze darin zu kochen. Ausserdem brauche ich keine zusätzliche Heizquelle wie einen Hockerkocher oder die Induktionsplatte.


    Es duftet so herrlich nach feinem Hopfen. Schade, dass man das jetzt nicht riechen kann.

    Nach dem Hopfenkochen und -seihen waren es dann ca. 21,5 Liter mit 12,5° Plato statt lediglich 19 Liter. Das entspricht einer Ausbeute von rund 62%. Das ist absolut zufriedenstellend für den ersten Versuch.

    Hier noch einige Bilder vom Brautag:

    Und hier noch das Rezept:

    Rezept „Obergäriges Helles (Braumeister)“ (Blonde Ale)

    Ausschlagmenge: 21l
    Stammwürze: 12.5°P
    Alkohol: 5.1%vol
    Bittere: 25IBU
    Farbe: 10EBC

    Schüttung:
    2000g Pilsner Malz Böhmisch (43%)
    1300g Wiener Malz (28%)
    600g Pilsner Malz (13%)
    500g Weizenmalz hell (11%)
    300g Münchner Malz Typ II (6%)

    Zusätze:

    Wasser:
    Hauptguss: 23l
    Nachguss: 5,5l

    Maische:
    4700g Schüttung Einmaischen in 14.1 Liter Wasser mit 58°C ergibt 57°C. 5 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 62°C. 30 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 66°C. 15 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 72°C. 15 Minuten Rast.
    Abmaischen bei 78°C wenn Jodnormal

    Hopfen:
    8g Columbus/Tomahawk/Zeus (CTZ) Pellets 15.5%a 80min Kochen (16 IBU, 67%)
    28g Tettnanger Pellets 4.1%a 10min Kochen (9 IBU, 33%)

    Hefe:
    Danstar Nottingham Ale, Gärung bei 19.5°C

     


  8. Die nächste Evolutionsstufe

    Mai 13, 2016 by Heiko

    Seit längerem treibt mich der Gedanke um, wie ich die zeit- und arbeitsintensiven Vorgänge beim Brauen teilweise automatisieren kann. Rührwerk, Pumpen, Brausteuerung sind dann die Begriffe, die einem dann zunächst in den Sinn kommen. Das ist irgendwie die logische Konsequenz und vermutlich die nächste Evolutionsstufe beim Hobbybrauen.

    Ich braue mittlerweile seit ca. 3,5 Jahren und habe im Laufe der Zeit unterschiedliche Anlagengrößen gebaut und immer wieder verändert. Das macht auch nach wie vor Spaß, aber im Laufe der Zeit verschiebt sich der Fokus beim Brauen. Da will man da nicht mehr jedes Mal stundenlang selbst rühren, aufwendig umfüllen oder Töpfe und Thermobehälter durch die Gegend hieven. Ausserdem ist’s nach einem ganzen Brautag mit dem Rücken manchmal nicht zum Besten bestellt und das dämpft dann den Spaß erheblich.

    Mittlerweile möchte ich mich meist lieber auf die Rezeptentwicklung fokussieren und auch die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse weiter verbessern. Außerdem ist es wünschenswert, Sude auch mal an Tagen mit weniger Zeitbudget realisieren zu können, in dem man einige Prozessschritte halb- oder ganz automatisiert ablaufen lassen kann. Vor Allem, wenn man alleine oder mit anderen Hobbybrauern braut, die bereits selbst Erfahrung haben und nicht zum 1.000sten Mal in der Maische rumrühren wollen und sich ärgern, wenn die Maische mal wieder überheizt.

    Oha „Nachtigall, ick hör dir trapsen“.!? Der Holzlöffel schwingende Craftbrewer wird zum seelenlosen Automatenbierbrauer? Das ist natürlich Bullshit. Neben der geringen Produktionsmenge machen vor Allem die Rezepte, die Ideen, der Abwechslungsreichtum und natürlich die Liebe zum Produkt das Bier zum „Craft“ Produkt und nicht, ob ich einen Knopf drücke, um die Würze von A nach B zu pumpen.

    Ich hatte schon relativ weit fortgeschrittene Pläne für die Aufrüstung meiner Anlage und schon eine umfangreiche Teileliste (neue Hendi 3,5 KW Induktionsplatte, neues gelasertes Rührwerk inkl. Motor und Drehzahlregler, eine Novax Würzepumpe, eine auf Raspberry PI oder Arduino basierende Brausteuerung (wie diese oder diese), dazu allerhand neue Peripherieteile Schläuche, Hähne, Anschlüsse, Kabel etc.) zusammengestellt. Die vorläufige Kostenschätzung lag bei ca. 800 – 1.000 €.

    Am Freitag, den 06. Mai hatte ich dann ein Aha Erlebnis. Ich hatte die Gelegenheit, bei der Einweihung von Marcos neuem Braumeister 10 von Speidel dabei zu sein. Ich kenne das Gerät schon seit Jahren. Es erfreut sich (in verschiedenen Größen) großer Beliebtheit bei Hobbybrauern. Beim Brauen mit Oli Wesseloh in Hamburg haben wir auf einer 50 Liter Variante gearbeitet. Selbst damit gearbeitet und all seine Features im Detail betrachtet hatte ich noch nicht. Am Freitag war es dann soweit und ich habe mich dabei ein kleines bisschen in dieses Gerät verliebt muss ich sagen. Es ist hochwertig verarbeitet, technisch intelligent konstruiert und bietet hohen Komfort beim Brauen. Ein solcher „Braumeister“ ist eine Kompaktlösung, die die sonst häufig als 2 oder 3 Geräte Sudwerke (Maischebottich, Läuterbottich, Sudpfanne) umgesetztem (Hobby)Brauanlagen in einem Gerät zu vereinen. Ferner hat es denn Vorteil, dass ich mein Auto nicht bis unters Dach zuladen muss, wenn ich mal außer Haus brauen möchte.

    Lange Rede, kurzer Sinn. Nach verhältnismäßig kurzem Überlegen lief mir dann zufällig ein Angebot über den Weg. „Speidel Braumeister 20 Ausstellungsstück, neu und ungebraucht mit allen Herstellerunterlagen, volle 2 Jahre Garantie von einem gewerblichen Anbieter.“ Preis 1.300 statt knapp 1.600 €. Das musste Schicksal sein. 😉 Nach einer Nacht zum „Überschlafen“ habe ich dann am Sonntag zugeschlagen. Viel Geld … sicherlich, aber wenn man überlegt, was andere für das Equipment ihrer Hobbies wie Mountainbiken, Motorradfahren, Fotografieren, Musik machen, etc. ausgeben, dann relativiert sich das. Also Arschbacken zusammenkneifen … einen Klick und einige Tage später:

    Zugegen, dass das Ding einfach vor der Haustür stand als ich von der Arbeit kam, fand ich dann nicht so geil von DHL muss ich sagen. Naja die kurzzeitige Verärgerung ist dann relativ schnell durch die Endorphinausschüttung überlagert worden. Dämlich grinsend habe ich das gute Stück dann im Braukeller ausgepackt.

    Ich kann den ersten Sud auf meinem Speidel Braumeister kaum erwarten. Naja, das Pfingstwochenende steht vor der Tür und die sommerlichen Temperaturen sollen deutlich zurückgehen … wieder ein Zeichen. 😉

     


  9. Sud Nr. 55 „Lupulus Maximus“ (Imperial IPA) und Sud Nr. 56 „Strong Smoked Wheatporter“

    März 8, 2016 by Heiko

    Hopfenverwertung

    Hopfen ist in den einschlägigen Hobbybrauershops meist in der Konfektionsgröße „100 Gramm“ erhältlich. In einigen Shops gibt es auch größere Gebinde und manchmal auch 50g Packungen. Wie man es dreht und wendet … in der Regel bleiben bei allen Rezepten mehr oder weniger Hopfenreste übrig. Und so ist es beinahe unvermeidlich, dass die Restbestände im Gefrierfach stetig anwachsen. 22 Gramm Cascade hier, 17 Gramm Equinox da, hier doch 30 Gramm Spalter Select, da noch 37 Gramm Northern Brewer.

    Dass man dann regelmäßig Restmengen entsorgen muss, ist beinahe unvermeidlich. Um dem zumindest ein bisschen entgegen zu wirken, bieten sich „Resteverwertungsrezepte“ mit viel Hopfeneinsatz an. Da ich bereits seit längerer Zeit vor hatte, ein doppelt gestopftes Imperial IPA zu brauen, habe ich nach einer Inventur meines Gefrierfachs ein passendes Rezept zusammengestellt.

    Imperial IPA

    Bei Imperial India Pale Ales (auch Double IPAs genannt) werden die beim „normalen“ IPA ohnehin schon im Mittelpunkt stehenden Eigenschaften Stammwürze, Hopfenaroma, Bitterkeit und Alkoholgehalt nochmal verstärkt und hervorgehoben. Das Ergebnis sind buchstäbliche Monster an Aromakomplexität. Biere, die weniger zum Reinschütten, als mehr zum genüsslichen „Sezieren“ geeignet sind. Polarisierend, heftig und mit dem Potential, jeden unbedarften Einsteiger für immer für diesen Bierstil zu vergraulen.

    Knapp 22° Plato. Selbst für Spindel zuviel. Die endet nämlich bei 20° Plato.

    Knapp 22° Plato. Selbst für die Spindel zu viel. Die endet nämlich bei 20° Plato.

    Hier einige berühmte Vertreter , die bei ratebeer.com alle 99 bzw. 100 Punkte (von 100 versteht sich) abgreifen konnten.

     

    Auf der Braukunst Live in München vorletztes Wochenende hatte ich die Chance das Ruination IPA von Stone zu probieren. 8,5% Alkohol und über 100 IBU! Ein wirklich sehr feines Imperial IPA. Leuchtend orange Farbe, Geruch nach Pinie, Orange, Grapefruit, Frühlingsblumen, eine Hopfenbombe, kräftiger Körper, überraschend trocken für die hohe Stammwürze, fette Bitterkeit, deutlich anhaftend.

    Stiltypisch stelle ich mir sowas ähnliches vor. In seiner konkreten Ausprägung allerdings aromatisch mit anderen Schwerpunkten.

    Strong Smoked Wheatporter

    Ein Wheat Porter ist ein Hybrid aus einem Weizenbier und einem Porter. Aus ersterem stammt im Wesentlichen ein Schüttungsanteil Weizenmalz und die eingesetzte Hefe. Der Porter Teil bezieht sich auf die Anteile an Spezialmalzen, die typisch für ein Robust Porter sind.

    Fein gemahlenes Black Malt

    Fein gemahlenes Black Malt

    Das „Smoked“ kommt hinzu, da ich das Weizenmalz durch Eichenrauchweizenmalz ersetzt habe. Das gleiche Malz, das ich beim Brauen des polnischen Grätzers zu 100% eingesetzt habe. Das „Strong“ ergibt sich aus der Tatsache, dass mit knapp 16% Stammwürze und rund 6,6 Volumenprozent Alkohol ein stärkers Bier herauskommen wird. Das ist eigentlich ein typisches Winterbier für Abende am knisternden Kaminfeuer. Schwarz, malzig, rauchig und gehaltvoll, aber auch im sich anbahnenden Frühling wird das ganz gut passen denke ich und ist auf jeden Fall ein heißer Kandidat fürs Angrillen. 😉

    Dekoktion: Kochen der Dickmaische

    Dekoktion: Kochen der Dickmaische

    Induktionsplatte

    Letzte Woche habe ich endlich meinen lange gehegten Plan in die Tat umgesetzt und habe mir eine Gastronomie Induktionsplatte von Hendi zugelegt. Das Teil hat 3500 Watt Leistung, ist in 100W Stufen regelbar und kein Vergleich zum Ceranfeld des Küchenherds. Da ich in den Wintermonaten nicht (mehr) draussen mit dem Gaskocher braue, wird die Platte u.a. den Kochleistungsengpass beim Indoorbrauen beheben.


    So lassen sich zu einen Doppelsude in der Küche effektiver verzahnen und zum anderen ist die Kochleistung grundsätzlich viel gezielter steuerbar. Ferner ist damit der nächste Schritt getan, perspektivisch im Keller brauen zu können. Dafür muss ich mir aber u.a. noch einige Gedanken zum Thema Dampfabzug machen.

    Nicht nur Hopfenreste sammeln sich im Laufe der Zeit an, auch die Restmengen an Karamell- und Spezialmalze wächst langsam aber stetig. Basismalze wie Pilsener, Wiener, Münchener oder Pale Ale Malz erreichen selten eine lange Lagerzeit, da sie je nach Rezept den Großteil der Schüttungen ausmachen. Bei Sondermalzen ist das etwas anderes. Durch ihre speziellen und varrierenden Aromaprofile und Intensität kommen i.d.R. eher geringe Schüttungsanteile zustande, die je nach Bierstil variieren.

    schuettung

     

    Aus den vorhandenen Lagerbeständen habe ich die folgenden beiden Rezepte erstellt.

    Fermentus Strong Smoked Wheatporter

    Ausschlagmenge: 10l
    Stammwürze: 15.8°P
    Alkohol: 6.6%vol
    Bittere: 24IBU
    Farbe: 71EBC

    Schüttung:
    1400g Eichenrauchweizenmalz (50%)
    600g Münchner Malz Typ II (22%)
    350g Pale Ale Malz (13%)
    150g Karamellmalz dunkel Typ II (5%)
    100g Haferflocken (4%)
    100g Karamellmalz Aroma (4%)
    50g Rauchmalz (2%)
    30g Black Malt (1%)

    Wasser:
    Hauptguss: 7l
    Nachguss: 7.5l

    Maische:
    2780g Schüttung Einmaischen in 7 Liter Wasser mit 65°C ergibt 62°C. 40 Minuten Rast.
    Dekoktion mit 2.5 Liter Dickmaische ergibt 72°C. 20 Minuten Rast.
    Dekoktion mit 2 Liter Dünnmaische ergibt 78°C.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    8g Northern Brewer Pellets 8%a 70min Kochen
    8g Northern Brewer Pellets 8%a 10min Kochen

    Hefe:
    Erntehefe (Danstar Munich Wheat/Gozdawa Bavarian Wheat) aus Gärung Comet Weizenbock, Gärung bei 20°C

    Fermentus „Lupulus Maximus“ (Imperial IPA)

    Ausschlagmenge: 8l
    Stammwürze: 19.5°P
    Alkohol: 8.6%vol
    Bittere: 101IBU
    Farbe: 27EBC

    Schüttung:
    2200g Maris Otter Malt (71%)
    300g Crystal Malt 40°L (10%)
    300g Haferflocken (10%)
    300g Haushaltszucker (10%)

    Wasser:
    Hauptguss: 9.3l
    Nachguss: 3l

    Maische:
    3100g Schüttung Einmaischen in 9.5 Liter Wasser mit 69°C ergibt 66°C. 60 Minuten Rast.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    10g Columbus Pellets 15.5%a zur Vorderwürze, 80min Kochen
    10g Simcoe Pellets 12.9%a zur Vorderwürze, 80min Kochen
    7g Citra Pellets 13%a 10min Kochen
    7g Amarillo Pellets 8.9%a 10min Kochen
    7g Chinook Pellets 12.9%a 10min Kochen
    15g Equinox Pellets 13%a 6 Tage Stopfen (1.Runde)
    15g Citra Pellets 12%a 6 Tage Stopfen (1.Runde)
    15g Amarillo Pellets 9.5%a 6 Tage Stopfen (2.Runde)
    15g Fantasia Pellets 12%a 6 Tage Stopfen (2.Runde)
    10g Chinook Pellets 12.5%a 6 Tage Stopfen (2.Runde)

    Hefe:
    Fermentis Safale US-05, Gärung bei 19.5°C


  10. Sud Nr. 54 „Comet Weizenbock“

    März 8, 2016 by Heiko

    Im Januar ist meine Comet Hopfenbestellung der 2015er Ernte eingetroffen. „Leider“ habe ich noch Restbestände aus der 2014er Charge übrig. Da der Hopfen wirklich zu schade für die Biotonne ist, habe ich mal in die weiteren Zutatenbestände geschaut. Im Hefefach habe ich noch je ein Päckchen Danstar Munich Wheat und Gozdawa BW11 Bavarian Wheat entdeckt. Zusammen mit einem angebrochenen Sack Weizenmalz (und ein bisschen Wiener, Münchener und Pilsener Malz) ist dann kurzentschlossen ein „Comet Weizenbock“ entstanden.

    Comet Weizenbock

    Ausschlagmenge: 10l
    Stammwürze: 16°P
    Alkohol: 6.7%vol
    Bittere: 19IBU
    Farbe: 14EBC

    Schüttung:
    1200g Weizenmalz hell (46%)
    550g Wiener Malz (21%)
    425g Pilsner Malz (16%)
    425g Münchner Malz Typ I (16%)

    Wasser:
    Hauptguss: 12l
    Nachguss: 2.8l

    Maische:
    2600g Schüttung Einmaischen in 12 Liter Wasser mit 49°C ergibt 45°C. 10 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 56°C. 10 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 64°C. 40 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 72°C. 30 Minuten Rast.
    Aufheizen auf 78°C.
    Abmaischen wenn Jodnormal

    Hopfen:
    6g Comet (USA) Pellets 8%a 70min Kochen (11 IBU, 58%)
    8g Comet (USA) Pellets 8%a 5min Kochen (8 IBU, 42%)

    Hefe:
    Danstar Munich Wheat/Gozdawa BW11 Bavarian Wheat, Gärung bei 22°C

    UPDATE

    Comet Weizenbock

    Comet Weizenbock